Wietzens Geschichtswerkstatt feiert Geburtstag

Jede Menge Historie ist in der Heimatstube in der ehemaligen Lehrerwohnung der Alten Schule untergebracht

„Dieses Haus ist kreisweit führend“, titelte DIE HARKE am 7. Februar des Jahres 2011. Gemeint war die Geschichtswerkstatt in der Heimatstube Wietzen, die Wietzens damaliger Archivpfleger Helmut Rode, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und Landrat im Ruhestand, ins Leben gerufen hatte. Im feierlichen Rahmen fand die Eröffnung statt. „Dem Projekt wurde Vorbildcharakter bescheinigt“, schrieb der heutige Chefredakteur der HARKE, Holger Lachnit, damals.

Helmut Rode hatte die Einrichtung der Geschichtswerkstatt vorangetrieben. Als die ehemalige Lehrerwohnung im Obergeschoss der Heimatstube, dem dörflichen Museum in der Alten Schule, frei wurde, jedoch in einem so schlechten Zustand war, dass die Gemeinde sie nicht weiter vermieten wollte, kam ihm die Idee, die Räume für ein heimatgeschichtliches Projekt zu nutzen.

Die Ehrenamtlichen des Heimatstuben-Teams sorgten dann in Eigenleistung für die Renovierung. „Hier waren zum Beispiel mehrere Schichten Teppich auf den alten Dielen“, erinnert sich Rosemarie Imsande. Sie ist heute als Vorsitzende zuständig für die Heimatstube und auch für die Geschichtswerkstatt mit dem angeschlossene Gemeindearchiv. In Corona-Zeiten muss man sich bei ihr anmelden, damit man Zutritt bekommt. Jochen Claus und Hermann Rosebrock arbeiten ebenfalls in der Geschichtswerkstatt mit.

Kurz nach deren Eröffnung, anlässlich seines 80. Geburtstages, bekam Helmut Rode im Jahr 2011 damals Post von Professor Dr. Norbert Lammert, dem damaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages. Der wünschte ihm nicht nur „gutes Gelingen“ in seiner Geschichtswerkstatt, sondern freute sich auch darüber, dass Rode zwei Stühle aus dem alten Bonner Plenarsaal gerettet und in der Geschichtswerkstatt aufgestellt hatte.

Helmut Rode hielt sich dabei an das Motto der in den 1970er-Jahren in Skandinavien gegründeten Geschichtswerkstätten: „Grabe – wo du stehst.“ Die Dorfgeschichte von Wietzen sollte sichtbar gemacht werden. Der damalige Landrat Heinrich Eggers erinnerte bei der Eröffnung an das von Helmut Rode geprägte Motto „Zukunft braucht Herkunft“: „Die Heimatstube Wietzen hat nichts mit Nostalgie zu tun. Vielmehr ist die Geschichtswerkstatt eine Zukunftswerkstatt, die eine Vorzeige- und Vorbildfunktion hat.“

Lob gab es auch seinerzeit vom damaligen Leiter des Museums Nienburg, Dr. Eilert Ommen: „Hier wird Geschichte zum Erlebnis gemacht, hier ist die Auseinandersetzung mit Geschichtlichem möglich.“

Die Geschichtswerkstatt versteht sich seitdem als Bestandteil der Heimatstube Wietzen und arbeitet eng mit dem Dorfkulturkreis Wietzen zusammen. Rodes Ziel war es, im Team Wietzens kulturelle Schätze zu sammeln und auszustellen. Dokumente, Ausarbeitungen und Fotos waren gesammelt worden, aber nur wenig war bis 2011 ans Licht der Öffentlichkeit gelangt. Als Beispiel nannte er damals rund 50 Vorträge aus der Veranstaltungsreihe „Wie wör dat fröher“ des Dorfkulturkreises Wietzen von Heinrich Lüdeke, Hermann Claus, Heinrich Rose und Elfriede Thies.

Doch auch Zeitungsausschnitte mit Wietzener Ereignissen seit 1968, historische Kalender, Zeichnungen und große Wandkarten der Gemeinde sind ausgestellt. Besucher können auf umfangreiche Dokumente zur Gemeindegeschichte oder den Chroniken einzelner Hofstellen und Familien bei ihren eigenen Recherchen zurückgreifen.

Das Team der Geschichtswerkstatt präsentiert zudem wechselnde Ausstellungen in Wort und Bild zur Geschichte Wietzens und der näheren Umgebung. Die Geschichtswerkstatt konnte so an das 200-jährige Jubiläum des Bauenschießens erinnern, es gab Ausstellung über die Geschichte der Firma Böse und der Kaufmannsfamilie Mühlenfeld, auch die Firmengeschichte des Autohauses Krage wurde schon ausgestellt. Auch zu aktuellen Themen des Jahres wie den Kommunalwahlen oder der Ankunft von „Flüchtlinge in unserer Gemeinde“ wurden Dokumente und Urkunden von ehemaligen Wietzener Kommunalpolitikern ausgestellt. Highlights waren auch Ausstellungen, bei denen aus dem Gemeindearchiv alte Schulbilder oder gar das Schülerverzeichnis der Holter Schule von 1919 bis 1961 gezeigt wurden.

Zuletzt war in der Geschichtswerkstatt im Jahr 2019 eine Ausstellung zu „Sängern und Musikgruppen in Wietzen und Holte“ zu sehen. Aktuell wartet seit einem Jahr eine fertiggestellte Ausstellung zu den ehemals sieben Wietzener Gaststätten auf Besucher. Die Verantwortlichen hoffen auf das kommende Jahr, wenn coronabedingte Einschränkungen möglicherweise gelockert werden.

Die Heimatstube mit der Geschichtswerkstatt ist derzeit corona-bedingt noch geschlossen. Interessierte können sich aber zu einer Führung unter Telefon (05022)215 anmelden. Infos: www.heimatstube-wietzen.de

Aus DIE HARKE