Klimagas Methan als „Futter“ für Mikroorganismen

Umweltminister überreicht Fördergeld für Modellprojekt von BAWN
und Universität Hannover

Nienburg/Rehburg-Loccum. Methan, rund 30mal so klimaaktiv wie CO2, ist ein hochpotentes Treibhausgas. Es entsteht unter anderem, wenn sich organische Stoffe unter Luftabschluss zersetzen. Altdeponien sind damit potenzielle „Methan-Produzenten“. Mit einem innovativen Prozess wollen der Betrieb Abfallwirtschaft Nienburg/Weser (BAWN) und die Uni Hannover das Gas beseitigen – auf biologische Weise, kostengünstig und mit geringem Energieaufwand.

„Als die Deponien entstanden sind, haben Klimafragen keine große Rolle gespielt. Es ist gut, dass wir nun Antworten darauf geben können, wie zum Beispiel mit dem klimaschädlichen Methan umgegangen werden kann, das in Altdeponien entsteht“, sagte am Montag der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD). Daher ist er auch gerne mit gleich zwei Förderbescheiden zum BAWN nach Nienburg gekommen.

Die Landesregierung fördert das Projekt Oxi-Loc mit mehr als 400.000 Euro. Der BAWN erhält für die Praxisumsetzung und Feldforschung an dem neuen Verfahren 200.000 Euro. Der Rest der Fördersumme geht an das Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universität Hannover (ISAH) für die wissenschaftliche Begleitung. Ziel ist es, gemeinsam einen Prozess zu testen, mit dem das Methan aus der Altdeponie in Loccum vollständig beseitigt werden kann. Der Name Oxi-Loc steht daher für „Methanoxidation Loccum“.

Klimaschutz durch neues Verfahren

Nach der Stilllegung wird eine Deponie abgedichtet. Die „eingepackten“ Abfälle gären unter Luftabschluss vor sich hin und es entsteht Methan. In den Anfangsjahren lässt sich daraus Energie gewinnen. Doch bald lässt die erfassbare Menge so sehr nach, dass eine wirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist. Trotzdem bleibt das Gas klimaschädlich.

Bislang bleibt in dieser Phase der Deponie-Nachsorge nichts anderes übrig, als das Methan technisch zu beseitigen. Doch das könnte sich bald ändern:  Im Rahmen eines Pilotprojekts soll das Methangas der Loccumer Altanlage in einen Biofilter geleitet werden, wo es Mikroorganismen als Nahrung dient. Die Mikroorganismen verstoffwechseln das Gas zu – deutlich weniger klimaschädlichem – Kohlendioxid. Der Biofilter soll in einem nicht mehr benötigten Sickerwasserbecken eingebaut werden, was eine sinnvolle Nachnutzung darstellt und die Kosten senkt.

Wissenschaftlich begleitet wird das Versuchsverfahren durch das ISAH. Der Kontakt des BAWN zur Uni in der Landeshauptstadt besteht schon seitdem die Deponie Loccum stillgelegt wurde. Später haben sich drei Masterarbeiten mit dem „Innenleben“ der Altdeponie Loccum befasst und damit die Vorarbeit für Oxi-Loc geleistet.

Dr. Dirk Weichgrebe, Mitglied der Institutsleitung des ISAH, hat noch eine zusätzliche Idee für das Projekt Oxi-Loc: „Wir wollen in den Biofiltern unter anderem nicht nutzbare Anteile aus der Grünabfallverwertung als Nährboden für die Mikroorganismen einsetzen.“ Das wäre auch ein Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft.

Die Initiative für dieses Projekt ging von Dr. Ernst Reuter von der IWA-Ingenieurgesellschaft aus. Der Ingenieur begleitet seit Jahren die Deponie-Nachsorge des BAWN: „Der besondere Reiz dieses Verfahrens liegt zum einen darin, dass keine Energie zugeführt werden muss. Die Bakterien erledigen für uns die Arbeit.“ Und im Gegensatz zur üblichen Technik stört die Mikroorganismen auch ein sehr geringer Methangehalt nicht.

„Das ist ein interessanter Ansatz mit Pilot-Charakter“, findet BAWN-Vorstand Arne Henrik Meyer. „Ich bin gespannt auf die Ergebnisse, die wir nach der Umsetzung in voraussichtlich zwei Jahren präsentieren werden.“

Umweltminister Lies will an dem Thema dranbleiben: „Das Projekt zeigt, vor welchen Herausforderungen wir stehen – nicht nur in Nienburg.“ Sein Ministerium fördere Oxi-Loc daher als Modellprojekt, von dem auch Erkenntnisse für andere Deponie-Standorte erwartet werden. Für dieses ausgeprägte Interesse gibt es einen guten Grund, erklärt Dr. Reuter: Die meisten Altdeponien in Deutschland sind nämlich noch zu jung, als dass sich das Problem des „Rest-Methans“ stellen würde. Doch das wird sich schon in wenigen Jahren ändern. Es bestehe also die Chance,  dank der Vorarbeit von BAWN und Uni Hannover, ein in der Öffentlichkeit bislang kaum bekanntes klimarelevantes Thema ressourcenschonend in den Griff zu bekommen.

Foto Oxi-Loc Ministerbesuch: Viele Beteiligte für ein wichtiges Projekt: Umweltminister Olaf Lies (Mitte) hat Förderzusagen im Wert von mehr als 400.000 Euro mit nach Nienburg gebracht. Zu diesem Anlass zusammengekommen sind (von links) Monika Bredemeier (BAWN), Dr. Dirk Weichgrebe (ISAH), Dr. Ernst Reuter (IWA), Katharina Endler (Umweltministerium), BAWN-Vorstand Arne Henrik Meyer, Thorben Korf (IWA), Tim Kappmeier (ISAH), Anja Altmann (Stellvertretende Landrätin), Norbert Sommerfeld (BAWN-Verwaltungsrat), Frank Schmädeke (Stellvertretender Landrat), Wilhelm Bergmann-Kramer (BAWN-Verwaltungsrat) und Sara Zahedi Nezhad (ISAH).

Bericht und Foto BAWN