Frackträger in rotbraunem Fell freut sich über Hilfe im Lebensraum Garten
Hannover – Flink huscht es dahin. So flink, dass das Auge kaum folgen kann. Rauf und runter an der alten Linde, zack, hinüber in kühnem Sprung zum Birnbaum – und da! Da ist ein zweites, ja, sogar ein drittes, das hinter Nummer Eins hinaufrennt. Wer liebt sie nicht, die putzigen Gesellen mit den Pinselohren und dem langen buschigen Schwanz? Zweifellos dürfte es eine der beliebtesten Tierarten sein, und das nicht nur in deutschen Gärten: das Europäische Eichhörnchen.
„Noch gehört dieses Säugetier nicht zu den gefährdeten Arten“, berichtet Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen, der es eher gewohnt ist, schlechtere Nachrichten zu Tier- und Pflanzenarten zu vermelden. „Aber wir sollten uns nicht in Sicherheit wiegen! Das kann sich schnell ändern. Einst häufige ‚Allerweltsarten‘ wie Igel oder Feldsperling galten auch als überall präsent, anpassungsfähig und scheinbar unverletzbar im Bestand“, mahnt der Naturschützer zu Umsicht und Vorsorge: „An ihnen können wir aber ablesen, dass die vehementen Eingriffe des Menschen in die Lebensräume auch vor solchen Arten nicht Halt machen!“
Wohlers weiter: „Eine Gefahr, die für unser Europäisches Eichhörnchen bestandsbedrohend werden könnte, wäre etwa eine Verbreitung des aus Amerika stammenden Grauhörnchens. Wir können dies in England deutlich sehen: Dort ist das Europäische Eichhörnchen aufgrund der dort Ende des 19. Jahrhunderts ausgesetzten Grauhörnchen bis auf winzig kleine Restbestände im Süden fast gänzlich verschwunden, bis in die schottische Grenzregion hinein. Die Grauhörnchen haben die Lebensräume des Europäischen Eichhörnchens praktisch komplett übernommen – und durch eine Pockeninfektion diesen Tod und Verderben gebracht. Es wird auch immer wieder darüber berichtet, dass in Italien Grauhörnchen ausgesetzt worden seien – wir können nur hoffen, dass sich diese nie bis zu uns weiterverbreiten werden“, so Wohlers.
Hinzu komme, dass selbst der Lebensraum des eigentlich genügsamen Eichhörnchens immer mehr eingeengt wird: „In unserem dicht besiedelten Land, in dem Feldgehölze verschwinden, um noch den letzten Quadratmeter Boden unter den Pflug und Pestizide nehmen zu können, und durch Siedlungs-, Gewerbe- und Straßenbau verschwindet immer mehr Grün“, sagt der Naturschützer, der den von der Politik „immer wieder vollmundig angekündigten, sorgsameren Umgang mit dem unvermehrbaren Gut Boden“ anmahnt – „dem Versprechen folgten bislang keine Taten!“
Eichhörnchen, einst allein den Wald als Lebensraum „abonniert“, weil sie insbesondere ältere Baumbestände, die Samen bilden können, als Futterquelle und Lebensraum benötigen, kommen immer weiter in die Städte hinein. Selbst in der Mitte von Großstädten sind sie keine seltene Erscheinung mehr. „Aber so manches Eichhörnchen wird mittlerweile auch Opfer des Straßenverkehrs“, berichtet Rüdiger Wohlers und fügt an: „Und immer mehr verletzte Eichhörnchen, oft Jungtiere, die von ihrer Mutter getrennt wurden, landen bei Tierärzten oder im niedersächsischen NABU-Artenschutzzentrum in Leiferde.“
Eichhörnchen können ein für kleine Säugetiere mit hoher Herzfrequenz recht hohes Alter erreichen. Mitunter werden sie sogar neun oder zehn Jahre alt. Sie bauen sich „Nester“, sogenannte Kobel, die sie oft in den Kronen hoher Bäume kunstvoll aus Zweigen errichten. In diesen kommen auch die Eichhörnchen-Jungtiere zur Welt – meist sind es fünf junge Eichhörnchen, von denen freilich zumeist nur eines oder zwei den ersten Sommer übersteht. Diese verbleiben gut acht Wochen in der Obhut der Mutter, die sich alleinig um die Aufzucht der ebenfalls bald flinken Kletterer und Springer kümmert. Eichhörnchen können selbst in großen Höhen an Bäumen und auf Zweigen unterwegs sein. Dabei balancieren sie sich geschickt aus und nutzen bei den wagemutigen Sprüngen den langen, buschigen Schwanz wie das „Seitenruder“ eines Flugzeugs. „Seit Jahren beobachte ich auf unserem Balkon im dritten Stock, wie Eichhörnchen am Stamm einer nahen Roteiche hinauflaufen und dann auf den Balkon springen – und manchmal sogar aus dem vierten Stock zu uns kommen!“
Eichhörnchen sind berühmt für ihre Vorratswirtschaft. „Im Herbst geht es rund“, sagt Rüdiger Wohlers: „Dann werden große Mengen an Samen, Nüssen und Kernen verbuddelt, die das Eichhörnchen dann in der kalten Jahreszeit aufgrund ihres sehr guten Geruchssinns wiederzufinden hofft – was nicht immer geschieht. Die Folge: Eichhörnchen sind ‚unfreiwillige Nebenförster‘, da dadurch viele Bäume und Sträucher gepflanzt werden“, freut sich der Naturschützer. Natürliche Feinde des Eichhörnchens sind Baummarder und Greifvögel. Auch Katzen können ihm, insbesondere den Jungtieren, gefährlich werden, wenn sie in größerer Anzahl durch sein Revier streifen.
„Das größte Problem für das heute noch nicht gefährdete Eichhörnchen ist allerdings das Verhalten des Menschen durch die Ausräumung der Landschaft und das Beseitigen alter, heimischer Bäume, die leider oft durch völlig nutzlose Exoten ersetzt werden“, unterstreicht Wohlers. Wer daher im Garten für das Eichhörnchen – und damit stets stellvertretend für viele andere Arten wie Kleiber, Igel, Erdkröte, Spitzmaus und Co. – aktiv werden möchte, sollte im Garten heimische Bäume und Sträucher pflanzen. „Und wer möchte, kann zusätzlich einen kleinen Futterautomaten anbringen, aus dem das Eichhörnchen leckere Samen und Nüsse entnehmen kann“, betont Rüdiger Wohlers.
Wer dem Eichhörnchen helfen möchte, kann nun auf eine ganz neue, umfangreiche und reich bebilderte Broschüre des bayerischen NABU-Partners Landesbund für Vogelschutz (LBV) zurückgreifen. „Ein absolutes Muss für alle Eichhörnchenfans!“, so Wohlers. Darin werden die Lebensweise dieses beliebten Säugetieres vorgestellt und viele praktische Tipps gegeben, auch zum Bau eines Eichhörnchen-Kobelkastens. Sie ist erhältlich gegen Einsendung eines 5-Euro-Scheins beim NABU Niedersachsen, Stichwort „Eichhörnchen“, Alleestr. 36, 30167 Hannover.
Pressemitteilung NABU / Foto Kathy Büscher NABU