Schulung als Voraussetzung zur Begleitung von Familien
Ehrenamtliche lernen zum Thema Kindeswohlgefährdung
Menschen, die ehrenamtlich in der Alltagsbegleitung oder Sprachmittlung in Familien tätig sind, sollen künftig immer auch eine Schulung zum Thema Kindeswohlgefährdung besuchen. Zwei erste Angebote hierzu hat es jetzt im November und Dezember beim Landkreis Nienburg gegeben. Die insgesamt 30 Teilnehmenden haben dabei unter anderem die vielfältigen Unterstützungsangebote des Fachbereichs Jugend kennengelernt.
„Es ist ungeheuer wichtig, Menschen, die Familien begleiten, gut über die Beratungs- und Präventionsangebote des Landkreises zu informieren“, sagt Janina Schünemann, die unter anderem für das Projekt Alltagsbegleitung im Fachbereich Jugend zuständig ist. „Das Wissen um Unterstützungsmöglichkeiten wird durch die Ehrenamtlichen in die Familien getragen, so können frühzeitig Problemlagen aufgegriffen werden.“ Ehrenamtliche begleiten Familien häufig über eine lange Zeit hinweg und bauen dabei im besten Fall ein Vertrauensverhältnis auf. Damit sind Sprachmittlerinnen und Alltagsbegleiter wichtige Multiplikatoren. Sie geben ihr Wissen weiter und helfen dort, wo sie können. Ziel der Schulung ist es, die Teilnehmenden für das wichtige Thema der Kindeswohlgefährdung zu sensibilisieren und ihnen aufzuzeigen, welche Erkennungsmerkmale und welche Unterstützungsangebote es beim Landkreis gibt.
Die Teilnahme an der Schulung zum Thema Kindeswohlgefährdung ist inzwischen eine Voraussetzung, um beim Landkreis in der Sprachmittlung oder Alltagsbegleitung tätig zu sein. In den Schulungen werden zunächst anhand der Bedürfnispyramide, einem sozialpsychologischen Modell zur Hierarchisierung menschlicher Bedürfnissen, die Bedürfnisse von Kindern erläutert. Danach wurde in einer Gruppenarbeit deutlich, dass eine Gefährdung und die unterschiedlichen Formen von Gewalt sehr verschieden wahrgenommen werden. Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung sind Hinweise oder Informationen über Handlungen gegen Kinder und Jugendliche oder Lebensumstände, die das leibliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährden. Was eine Kindeswohlgefährdung tatsächlich darstellt, ist oft individuell zu sehen. Eine Gefährdungseinschätzung findet immer im Team und mit mindestens einer sogenannten insoweit erfahrenden Fachkraft statt. In diesem Kontext haben die Teilnehmenden von eigenen Berührungspunkten zum Thema berichtet.
Um den Teilnehmenden einen Überblick über die Unterstützungsangebote des Landkreises Nienburg zu geben, erläuterten die Referentinnen Simone Sommerfeld, (Kreisjugendpflegerin des Landkreises), Carmen Prummer und Janina Schünemann (Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe) zunächst ihre Arbeit. Dabei stellten sie unter anderem klar, dass das Jugendamt streng genommen „Fachbereich Jugend“ heißt und mit rund 140 Mitarbeitenden weit mehr zu bieten hat, als den bekannten „Allgemeinen Sozialen Dienst“ (ASD) – auch wenn dieser bis heute das Bild des „Jugendamtes“ in der Öffentlichkeit prägt. „Der Fachbereich besteht neben dem ASD aus drei weiteren Fachdiensten mit wiederum vielen Teams, die sich mit verschiedensten Unterstützungsangeboten um das Wohl von Kindern und Familien kümmern und überwiegend präventiv arbeiten“, so Simone Sommerfeld. Es sei wichtig, diese zahlreichen präventiven Angebote zu kennen und Betroffenen ihre Zurückhaltung und mögliche Angst vor einer Inanspruchnahme der Hilfsangebote zu nehmen.
„Die Teilnehmenden haben nicht nur sehr gut mitgearbeitet, sie haben vor allem auch wertvolle Informationen mitnehmen können. Das ist ein Wissensschatz, den sie jetzt in die Familien tragen“, sagt Carmen Prummer. Neben einem rechtlichen Teil, der über das Elternrecht sowie zahlreiche weitere gesetzliche Vorgaben und Hilfsangebote aufklärte, lernten die Teilnehmenden auch, wie sie vorgehen können, wenn ihnen Problemlagen in Familien bekannt werden. Besonders erfreulich sei das Interesse an diesem Thema gewesen: „In beiden Gruppen hat es dazu einen regen Austausch gegeben.“
Für den Landkreis Nienburg sind derzeit rund 120 ehrenamtliche Sprachmittlerinnen und -mittler in vielen unterschiedlichen Sprachen im Einsatz. Sie sind migrationserfahren und kennen sich gut im Landkreis aus. Mit ihren Sprachkenntnissen und kulturellen Erfahrungen tragen sie bei Gesprächen in sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen oder in Behörden dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden oder Konflikte klären zu können. Im Bereich der Alltagsbegleitung gibt es derzeit 35 Ehrenamtliche, deren Unterstützung durch die Eingliederungshilfe und den Fachbereich Jugend häufig angefragt wird. Sie helfen Familien in alltäglichen Dingen, wie zum Beispiel bei Erziehungs- und Bildungsfragen aufgrund eines sprachlichen Defizites und können sich dabei ihrerseits auf die Unterstützung des Fachbereichs Jugend verlassen.
Bei Fragen oder Interesse, als Sprachmittler:in oder Alltagsbegleiter:in tätig zu sein, gibt Janina Schünemann von der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe unter 05021/967-678 gerne Auskunft.
Veranstaltungen der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe werden gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.
Landkreis Nienburg