Den Vorgarten zur Visitenkarte machen
Vorgärten: ungeliebte, oft „so mitlaufende“ Kleinflächen, die „eben auch dazu gehören“ – wer kennt diese Diskussionen und Einstellungen nicht? Eigentlich schade, findet der NABU Niedersachsen. „Denn in Zeiten rasant voranschreitenden Flächenfraßes durch Überbauung und Versiegelung, in Zeiten des Klimawandels, in denen sich unsere Städte immer mehr aufheizen, kommt es auf jeden Quadratmeter an, um Natur Raum zu geben und durch Begrünung für frische Luft und Abkühlung zu sorgen“, sagt NABU-Mitarbeiter Rüdiger Wohlers. „Aber oft enden die Ideen für Gartengestaltung hinter dem Haus, dort, wo sich die Menschen am meisten aufhalten. Deshalb werden Vorgärten leider oft nur als lästige ‚Restflächen‘ behandelt. Warum nicht den Vorgarten zu einer Neugierde weckenden Visitenkarte des naturnahen Gartens machen, der hinter dem Haus liegt?“, möchte der Naturschützer Anregungen geben. „Es müssen nicht hineingelegte Autostellplätze, fantasielose Kirschlorbeer- oder Zwergrhododendron-Wüsten oder gar Schottergärten sein, die den Vorgarten zur gähnenden Naturzerstörungsecke machen – hier darf Fantasie walten!“
Auch kleine Vorgärten führen zu mehr Artenvielfalt
Und das mit einem positiven Nebeneffekt: „Auch auf kleinen Flächen finden Tiere und Pflanzen Lebensräume, selbst dann, wenn dies gar nicht erwartet wurde.“ Wohlers gibt Beispiele: „In einem kleinen Vorgarten können spielerisch Klein-Lebensräume angelegt werden. Dazu zählt etwa eine Mini-Wiese, in der nicht die Rasen-Nagelschere das Regiment führt, in der sich eine bunte Blumenschar entwickeln kann, die für Schmetterlinge, Bienen und andere Insekten von Bedeutung wird. Da kann auch eine Mini-Hecke, etwa als Umrandung des Vorgartens, gepflanzt werden, selbstverständlich aus heimischen Sträuchern wie Hasel, Weißdorn, Schlehe, Schneeball, Liguster, Faulbaum oder Holunder. Auch für einen Wildapfel oder eine Wildbirne kann Platz sein. Diese heimischen Sträucher können Brutraum für Vögel bieten und zugleich im Herbst Früchte und Beeren tragen, die den Gefiederten ein reich gedecktes Büffet bietet“, zählt Wohlers die Vorteile auf.
„Wer in oder an einem sehr kleinen Vorgarten aus Platzgründen keine Hecke pflanzen kann, sollte über einen einfachen Holzzaun nachdenken, der berankt werden kann, etwa durch die wunderbar blühenden Clematis-Sorten. Das gibt ein Blütenkleid; und auch Hauswände können berankt werden, sodass sich ein grüner Pelz ergibt, der sowohl einen Brut-, Nahrungs- und Überwinterungsraum für Insekten als auch Brutmöglichkeiten für Vögel ergeben kann – natürlich unter Beachtung der baulichen Voraussetzungen und der Eigenschaften und Ansprüche der Kletterpflanzen“, sagt der NABU-Mitarbeiter. „Häuser im grünen Pelz helfen ebenfalls mit, für bessere Luft in den Städten zu sorgen und das Klima erträglicher zu machen.“
Wasserstellen nicht vergessen!
Auch ein Mini-Teich in einer Senke kann zum Bestandteil der „Natur-Visitenkarte“ werden, führt der Naturschützer an: „Aus festem Lehm oder einem Stückchen Teichfolie geformt – wobei darauf geachtet werden sollte, dass nicht zu viel Wasser ins umliegende Erdreich durch den Kapillareffekt entweichen können kann –, ist es möglich, ein Mini-Dorado für Libelle, Fieberklee, Rohrkolben und Co. zu schaffen und zugleich einen Ort, an dem Vögel und Insekten ein erfrischendes Nass finden.“ Wohlers macht darauf aufmerksam, dass in den Boden eingelassene, steilwandige Gefäße zu einer Todesfalle für Igel, Spitzmäuse und auch Insekten werden könnten. Deshalb müsse, wenn darauf zurückgegriffen werde, stets für ausreichend Ausstiegshilfen gesorgt werden, etwa in Form hineingelegter Äste, Bretter und anderer Hilfsmittel. „Deshalb sind flache Senken ungefährlicher“, sagt er, „eventuell mit einem umgebenden Sumpfbeet, in dem weitere Pflanzen feuchter Standorte einen Platz finden können.“
Nachtaktive Tiere profitieren ebenfalls
Auch Stauden könnten in einem Vorgarten Platz finden. „Vorfahrt sollten dabei stets solche mit ungefüllten Blüten oder heimische Wildpflanzen finden, da diese für Insekten von Bedeutung sind. Und es können auch nektarreiche, nachtblühende Pflanzen gesetzt werden: Diese sind das Büffet für Nachtfalter und andere nachtaktive Insekten. Davon werden dann auch Fledermäuse profitieren. Und wie schön ist es, wenn es auch trockene Bereiche im Vorgarten gibt, etwa eine bewusst von Bewuchs freigehaltene, sandige Fläche – selbst, wenn es nur ein Quadratmeter ist –, die für Hautflügler als Nistplatz von Bedeutung ist, vielleicht umkränzt von Nachtkerze oder Königskerze, die mit ihrem mächtigen Gelb das kleine Naturparadies schon von weitem sichtbar macht!“, schwärmt NABU-Mitarbeiter Wohlers und möchte allen Mut machen, die vom konventionell-langweiligen Vorgarten den Schritt zur Vielfalt ausprobieren möchten. Ergänzt werden könne das Natur-Angebot auch durch Insekten-Nisthilfen oder Nistkästen für Vögel.
Für alle, die Hand anlegen und Natur in ihren Vorgarten (und Garten) einladen möchten, bietet der NABU Niedersachsen ein kleines Info-Paket an, das aus der Bauplansammlung für Nisthilfen und der Farbbroschüre ‚Gartenlust‘ besteht. Es kann angefordert werden gegen Einsendung eines 5-Euro-Scheins beim NABU Niedersachsen, Stichwort ‚Gartenlust‘, Alleestr. 36, 30167 Hannover
PM NABU, Foto NABU/CEWE/Sabrina Kowsky